Die UPside EDITION präsentiert Film-Trouvaillen von Ruedi «Hombi» Homberger. Die Filme u.a. aus den Anfängen der Freikletter-Bewegung werden live von Manuel Mengis (Trompete / Elektronik) und Hans-Peter Pfammatter (Piano / Elektronik) am Freitag 27. Januar 2023 ab 19.30 Uhr im WNF (World Nature Forum) in Naters vertont.
PROGRAMM
HENRY BARBER — Kletterlegende «Hot Henry», 1977, 21’
SALATHE WALL — El Capitan, Yosemite USA, 1977, 22’ mit Paul von Känel, Paul Muggli und Ruedi Homberger
PAUSE — für ein Bier oder Glas Wein im Restaurant Jungfrau-Aletsch
ELBSANDSTEIN — In der Wiege des Frei-Kletterns u.a. mit Bernd Arnold, Henry Barber, 1978/79, 23’
FRANKENJURA — Geburtsort des roten Punktes u.a. mit Kurt Albert, Martin Scheel und Wolfgang «Flipper» Fietz, 1979, 21’
Freitag 27. Januar 2023 / 19.30 Uhr / WNF Naters
Eintritt CHF 25.– / Lehr., AHV CHF 20.–
RUEDI HOMBERGER
«Er war stark wie ein Bär, schlau wie ein Fuchs und frei wie ein Vogel.»
Fotograf, Filmemacher, Extrembergsteiger, Bergführer und Gebirgspilot
* 13. Mai 1940, † 6. Januar 2020
Ruedi Homberger wuchs in Arosa auf und absolvierte im Geschäft seiner Eltern eine Lehre als Fotograf. 1966 übernahm er das Geschäft, daneben betätigte sich «Hombi» als Landschafts- und Bergfotograf. Über seine Berg- und Klettertouren, seine Reisen und Expeditionen in Alaska, im Pamir, Kaukasus, im Himalaya, Südamerika und den USA hielt er Vorträge in ganz Europa und publizierte mehrere Werke. In den 1960/70er-Jahren drehte er ausserdem 16-mm-Filme. Neben der Kletterei in der USA, BRD und der DDR standen meist seine Nepal-Reisen im Zentrum. So hatte er weltbekannte Kletterpioniere vor der Linse und kletterte mit Kultfiguren aus den 70er-Jahren wie z.B. Henry Barber, Bernd Arnold oder Yvon Chouinard, der die Ausrüster-Marke Patagonia gründete. Ruedi Homberger verstarb am 6. Januar 2020 an den Folgen eines Absturzes mit seinem Kleinflugzeug bei Arosa (29. Dezember 2019) .
Erst- und Zweitbegehungen (Auswahl)
1964 Verbindungsgrat Stockhorn–Bietschhorn mit Erich Friedli.
1972 Zweitbegehung Engländerroute in der Ostwand des Piz Badile mit Hansjürg Wellenzohn.
1974 Zweitbegehung der Route Free Nardella am Piz Badile mit Toni Holdener.
1977 Zweitbegehung Tropfenpfeiler am Piz Badile mit Paul Muggli.
HENRY BARBER — Kletterlegende «Hot Henry»
Der US-amerikanische Kletterer «Hot Henry» Barber (*1953) gelangte in den 1970er Jahren zu grosser Bekanntheit. Er war ein Verfechter des «cleanen» Kletterns, ein produktiver Erstbegeher und «Free-Soloist». Er war einer der ersten US-Kletterer, der in verschiedene Ländern reiste, um zu klettern. Sein Lebensunterhalt bestritt er als Handelsvertreter für «Chouinard Equipment» und «Patagonia» sowie durch Vorträge und Diashows. Im Alter von 17 Jahren begann Barber mit dem Klettern in Boston. Obwohl er anfangs nicht sportlich begabt war, wurde er von dem Sport besessen und kletterte so viel wie möglich. Nach eigenen Angaben kletterte Henry im Jahr 1972 etwa 270 Tage / 1973 etwa 325 Tage. 1973 gelang Henry die zweite Begehung von «Foops» 5.11d (7a), fünf Jahre nachdem John Stannard die bahnbrechende Erstbegehung geschafft hatte. Barber war dafür bekannt, dass er beim Klettern eine weisse Golfmütze und weisse Malerhosen trug, sowie für sein ruppiges und arrogantes Auftreten. Er war einer der wenigen Kletterer seiner Zeit, die aktiv die Aufmerksamkeit der Medien suchten und nutzten. Sein Bewegungsrepertoire, seine Kreativität und seine Problemlösungsfähigkeit sowie sein enormes Selbstvertrauen und mentale Kontrolle unterschieden ihn von seinen Zeitgenossen. Henry Barber war ein früher Verfechter des «Clean Climbing». Eine von Barbers Spezialitäten war die erste freie Begehung von etablierten, technischen Kletterrouten. Dazu war er viel als Free-Solo-Kletterer unterwegs. 1973 kletterte Barber im technischen Alleingang die Steck-Salathé-Route am Sentinel Rock im Yosemite National Park. Die Solobegehung, die er in 2.5 Stunden schaffte, machte Barber als führenden Felskletterer bekannt. 1976 reiste «Hot Henry» mit Fritz Wiessner in die DDR. Die Tradition und der weiche «Elbsandstein» verlangten von den Kletterern, dass sie kein Metall sondern nur geknotete Schlingen zur Sicherung verwenden durften. Barber war von der Härte und Schwierigkeit des Kletterns in der Umgebung von Dresden beeindruckt; die Dresdner Kletterer waren von Henrys Fähigkeiten beeindruckt, hielten ihn aber auch für zu leichtsinnig, vor allem im Bereich des «Freien Solos». Barber unternahm Kletter-Reisen, als sich Kletterer im Allgemeinen nicht weit von ihren Heimatfelsen entfernten. Sein Stil war, in einem Gebiet aufzutauchen und die lokalen Standards weit zu übertreffen. Barber kletterte in Australien, in der Sächsische und Fränkische Schweiz, Grossbritannien, Schottland, Russland, Mexiko sowie in den gesamten Vereinigten Staaten, von den Felsen in Neuengland bis zum Yosemite in Kalifornien.
SALATHE WALL — Yosemite, USA
mit Paul von Känel, Paul Muggli und Ruedi Homberger
Die Salathé Wall ist eine der klassischen Routen am El Capitan. Die Route wurde 1961 von Royal Robbins, Tom Frost und Chuck Pratt erstbegangen. Benannt wurde die Route zu Ehren dem Schweizer John Salathé, einem Pionier des Bigwall-Kletterns im Yosemite. Nachdem die drei ein Viertel der Route geklettert waren, zogen sie sich zurück, um Nachschub zu holen. Sie kehrten zurück und kletterten den oberen Wandteil in 6 Tagen mit nur 15 Bohrhaken in einem Vorstoss. Die Route bestand zu etwa 25 % aus freier Kletterei bis 5.9 und technischer Kletterei bis A4. Ein Jahr später kehrten Robbins und Frost zurück und kletterten die Route in einem einzigen Zug durch. Todd Skinner und Paul Piana waren 1988 die ersten, die zusammen alle Abschnitte frei klettern konnten. 1995 war Alexander Huber nach langer Arbeit der erste, der alle Seillängen (5.13b/8a) «rotpunkt» kletterte.
ELBSANDSTEIN — In der Wiege des Freikletterns (sächsische Schweiz, ehemalige DDR)
FRITZ WIESSNER
Fritz Wiessner (*1900, † 1988) aus Dresden wanderte 1929 nach New York City aus. Er begann vor dem Ersten Weltkrieg mit seinem Vater in den österreichischen Alpen zu klettern. Im Alter von 12 Jahren bestieg er die Zugspitze, den höchsten Gipfel Deutschlands. In den 1920er Jahren beging er in Sachsen und den Dolomiten schwere Kletterrouten, die heute einen Schwierigkeitsgrad von bis zu 6c haben. Das war zu einer Zeit, als der härteste Grad in den Vereinigten Staaten 5.7/5a-5b war. Im Alter von 25 Jahren gelang ihm die Erstbegehung der Fleischbank in Tirol, die als härteste Felskletterei der damaligen Zeit (1925) galt. Im Jahr 1939 unternahm er einen der ersten Versuche, den K2, einen der schwierigsten Berge der Welt, zu besteigen.
BERND ARNOLD
Bernd Arnold (*1947) wurde durch eine Vielzahl schwieriger Erstbegehungen in der Sächsischen Schweiz bekannt. Seine bergsportliche Entwicklung ist eng mit seiner Heimat, dem Elbsandsteingebirge, verbunden. Hier war er in den 70er und 80er Jahren der massgebende Entwicklungsträger. Eine Besonderheit des gelernten Buchdruckers war es, barfuss zu klettern. Einige der schwierigsten Routen wurden von ihm ohne «Kletterfinken» begangen. Zu seiner damaligen Seilschaft gehörten vor allem Gisbert Ludewig und Günter Lamm, welche gemeinsam weit über 500 Erstbegehungen machten. Ab Frühjahr 1989 war Arnold auch in vielen Gebirgen rund um die Welt unterwegs, nachdem sich sein auferzwungener Aktionsradius davor auf Ostblock-Länder beschränkt hatte. Bereits in den 1970er Jahren hatte er Einladungen des «The American Alpine Club» zum Besuch der USA erhalten, die er jedoch nicht annehmen durfte. In seiner Klettermannschaft berichteten zwei Gefolgsleute der SED über seine Kontakte zu namhaften westdeutschen Kletterern wie z.B. Kurt Albert und Wolfgang Güllich. Seit Ende der 80er Jahre widmet er sich bevorzugt eher exotischen Kletterzielen (Karakorum, Mali, Venezuela, Madagaskar) und den patagonischen Bergen. Sein zuverlässiger Gefährte war dabei stets Kurt Albert. Heute wirbt Arnold für eine begrenzte Lockerung der Sächsischen Kletterregeln, um aktuellen Entwicklungen Kletterns im Allgemeinen Rechnung zu tragen. In einer Ausweitung der begehbaren Kletterfläche sieht er die Chance, klassische Wege zu bewahren und eine Entlastung einzelner Kletterfelsen und der umgebenden Natur durch eine bessere Verteilung der Kletterer im Gebiet zu erreichen. 2022 erhielt er den Albert Mountain Award.
FRANKENJURA — Geburtsort des roten Punktes (Fränkische Schweiz)
KURT ALBERT
Mit 14 Jahren kam Kurt Albert 1969 zum Klettern. Diese Zeit war die Blütezeit des technischen Kletterns, d.h. es wurden Haken und Trittleitern zur Fortbewegung benutzt. Alberts erste grossen Ziele waren die klassischen Wände der Alpen. So gelang ihm bereits im Alter von 17 Jahren der Walkerpfeiler (Grandes Jorasses) und ein Jahr später die Eiger-Nordwand. Nach einem Besuch in der Sächsischen Schweiz 1973, wo bereits seit Ende des 19. Jh. frei geklettert wurde, versuchte er technisch gekletterte Routen ohne Hakenhilfe zu klettern. Ab 1975 markierte er Touren, die er frei begangen hatte, mit einem roten Punkt. Seine Definition des Rotpunktkletterns – der sturz- und ruhefreie Vorstieg einer Route nur an natürlichen Griffen und Tritten – revolutionierte das Klettern und ist bis heute der weltweit anerkannte Stil im Freiklettern. Durch systematisches Training konnte er sein Leistungsniveau von VI+ (UIAA) im Jahr 1974 auf IX im Jahr 1982 steigern. 1981 gelang ihm und Wolfgang Güllich, das Sportklettern mit der Route «Locker vom Hocker» VIII (UIAA) in die Alpen zu übertragen. 1987 durchstieg er zusammen mit Gerold Sprachmann die Direttissima der Grosse Zinne-Nordwand (VIII+) erstmals Rotpunkt. Die Routen von Kurt Albert stellten zum großen Teil auch die schwierigsten Routen Deutschlands dar und gelten heute als Klassiker. Zu nennen sind hier die Routen «Goldenes Dach» (VIII+), «Entsafter» (VIII+), «Erazerhead» (VIII+), «Sautanz» (IX-), «Humbug» (IX-), «Luftballondach» (IX) oder «Magnet» (IX). Mit seinen Kletterpartnern u.a. Wolfgang Güllich, Stefan Glowacz und Bernd Arnold war er im Alpenraum, auf Madagaskar, in Patagonien, im Karakorum und auf Baffin-Island bergsteigerisch tätig. Zu seinen wichtigsten Erstbegehungen zählen die «Slowenenführe» (VIII+), «Eternal Flame» (IX-/A2) am Trango Tower sowie «Riders on the Storm» (IX/A2) und «Royal Flush» (IX) in Patagonien. Mit Freunden (u. a. Wolfgang Güllich und Ingrid Reitenspieß) bildete er mehrere Jahre eine Wohngemeinschaft in der Moselstraße in Oberschöllenbach, die zum Anlaufpunkt und zur Übernachtungsgelegenheit der internationalen Kletterszene wurde, wenn diese die Fränkische Schweiz besuchten.
MARTIN SCHEEL
Martin Scheel (*1960) kam mit 13 Jahren zum Klettern. Schon während der Lehrzeit gelangen ihm mehrere grosse kombinierte Touren in den Alpen. Als talentierter Felskletterer wurde er bald zu einem Vorreiter der neuen Philosophie des Freikletterns. Früh machte er sich mit äußerst schwierigen Erstbegehungen einen Namen, wobei er den neuen Stil des freien Kletterns konsequent auf Routen in alpinen Wänden übertrug. Seine Neutouren sind zum Teil heute noch wegen der wenigen Sicherungshaken gefürchtet. Ein Markstein war die Route «Supertramp» am grossen Bockmattliturm, die er 1980 eröffnete. Sie besitzt noch heute Kultstatus als eine der ersten grossen Freikletterrouten der Alpen im achten UIAA-Schwierigkeitsgrad. Es dauerte zwei Jahre, bis sie der deutsche Spitzenkletterer Wolfgang Güllich wiederholen konnte.
WOLFGANG «FLIPPER» FIETZ
Wolfgang «Flipper» Fietz (*1953) war in den 1970er-Jahren einer der besten Kletterer der Welt und prägte wesentlich das Bouldern in Deutschland, insbesondere in der Fränkischen Schweiz. Er konnte in vielen, damals als nicht kletterbar geltenden Projekten als erster Abschnitte frei klettern, und legte damit den Grundstein für die Leistungsexplosion in den 1980er- und 1990er-Jahren.
Boulder-Erstbegehungen u.a.:
1979 Elektrischer Sturm in der Hölle 7a+/7b
1979 Fallout 7a+
1981 Maud 7a
1982 England grüsst Falkland 7b+